Klaus Fleck und wie alles begann
Es war am letzten Tag der Münchener Mineralien-tage des Jahres 1999. Die Arbeitsgruppe Micromounter hatte im zweiten Jahr in Folge einen eigenen Stand. Ein uns zuvor nicht bekannter Herr erschien am Stand und stellte sich vor: „Mein Name ist Klaus Fleck. Ich handle mit Systematik-Mineralien und möchte aus diesem Geschäft aussteigen. In meinem Haus lagert noch viel Handelsware, von der ich mich trennen möchte. Dafür sehe ich nur die Möglichkeit des Wegwerfens oder des Wegschenkens.“ Es fiel uns nicht schwer, ihn davon zu überzeugen, dass verschenken die bessere Lösung sei. So vereinbarten wir einen Termin, zu dem wir die Stufen bei ihm abholen wollten.
Einige Wochen später war das Haus von Klaus Fleck frei von Handelsware. Dafür war der Lattenkeller unseres Apartments in Heimstetten nicht mehr begehbar und die Idee der Lithothek geboren. Im Mineralienatlas haben wir genauer beschrieben wie es dazu kam und wie in den Wochen danach die Idee der Lithothek sich konkretisierte. Im Mineralienatlas sind unter dem Suchbegriff „Klaus Fleck“ Details zu diesem Prozess beschrieben.
Das Jahr 2000 war mit Vorbereitungsarbeiten gefüllt. Das Material von Herrn Fleck musste aufbereitet werden (Was geht in die Lithothek? Was wird in der Arbeitsgruppe verteilt? Was soll verkauft werden?), ein Datenbanksystem für die Sammlungsdokumentation musste gefunden werden und vieles mehr. Erst im Jahr 2001 konnten wir mit dem eigentlichen Aufbau der Lithothek beginnen.
Noch heute sind etwas über 2000 Stufen aus der damaligen Schenkung fester Bestandteil unserer Lithothek. Beinahe 300 davon sind auch bereits photographisch dokumentiert und im Atlas für jedermann einsehbar. Das Einarbeiten der Stufen von Klaus Fleck stellte uns vor ganz besondere Probleme, die uns zum Teil auch heute noch beschäftigen.
Er handelte überwiegend mit Systematik-Mineralien, die oft Namen tragen, die wir damals zum ersten Mal hörten, und die uns sehr exotisch vorkamen. Auch die Namen der Fundstellen waren uns nicht geläufig. Sie lagen oft in Ländern, die keiner von uns je bereist hatte. Die benötigten Informationen aus der Literatur zu bekommen, war überaus schwierig. Auch das Internet war in den frühen Jahren des 21. Jahrhunderts noch nicht so recht entwickelt, der Mineralienatlas steckte damals genauso in den Kinderschuhen wie unsere Lithothek. Um nur ein Beispiel unter vielen zu nennen: Wie sollten wir mit einer Stufe umgehen, die den Namen Winstanleyit trug und aus Arizona kommen sollte?
Wir machten uns das Leben zunächst einfach. Die Stufe erhielt eine Nummer und wurde mit genau den Informationen in die Sammlung eingegliedert, die wir eben hatten. Wir bewiesen Mut zur Lücke und bezahlten dafür den Preis, dass in unserer neu entstehenden Sammlung viele an sich benötigten Daten fehlten, zumindest aber nicht so genau waren, wie wir uns dies gewünscht hätten.
In unserer Dokumentation sollte jedes Sammlungsobjekt mit einem Qualitätsmerkmal ausgestattet werden, wobei uns die Bewertungsmöglichkeiten von „sehr gut“ bis „Beleg“ zur Verfügung standen. Da uns mangels vergleichsmöglichkeiten und eigener Erfahrungen auch die zuverlässige Bewertung dieser Stufen schwer fiel, erhielten sie fast alle die Qualitätsstufe „Beleg“.
Manchmal sind einfache Lösungen die besten. Dies war wohl auch in diesem Fall so, was sich erst in späteren Jahren (und bis heute noch) immer wieder zeigt. Irgendwann (zum Teil erst Jahre später) wurde uns aus ganz anderer Quelle ein Stück gespendet mit demselben Namen und einer ähnlichen Fundortangabe. Jetzt erst hatten wir Vergleichsmöglichkeiten, die wir auch nutzten. Auch die Möglichkeiten zu recherchieren hatten sich deutlich verbessert. Und natürlich war unser eigener Kenntnisstand deutlich höher.
Das Ergebnis unserer Vergleichsarbeit war im Grunde immer dasselbe: In den allermeisten Fällen durften wir feststellen, dass die Stufen von Klaus Fleck richtig bestimmt waren. Oft aber lieferte die neu zugegangene Stufe Hinweise auf den genaueren Fundort. Fast immer durften wir feststellen, dass wir die Stufe von Klaus Fleck ursprünglich und aus Unkenntnis deutlich unterbewertet hatten, was wir jetzt berichtigen konnten.
Nur in seltenen Fällen warf der Vergleich Fragen auf, die dann dazu führten, dass wir eines der beiden oder sogar beide Vergleichsstücke analysieren ließen. Bisher ist es noch nicht vorgekommen, dass sich das Stück von Klaus Fleck als falsch erwies und deshalb aus der Lithothek genommen werden musste.
Klaus Fleck war zu keiner Zeit ein Sammler. Zumindest hat er nie Micromounts oder Kleinstufen gesammelt. Eine Art Sammlung entstand erst, nachdem er sich von seinem Warenbestand getrennt hatte und wir sein Material teilweise in unsere Lithothek integrierten. Wir denken oft und gerne an ihn und damit die Anfänge unseres Vorhabens zurück.
Erzählt von Dr. M. Seitz